• Japan hat seit einem Jahr einen Reisengpass
  • Die Regierung hat zwar ihre Reisreserven schnell freigegeben, sie erreichten die Konsumenten aber lange nicht
  • Der neue Landwirtschaftsminister Koizumi soll das Problem lösen: Jetzt werden auch ältere Bestände aus dem Reisvorrat freigegeben
  • Junichiro Koizumi gilt als neuer Hoffnungsträger der älter werdenden LDP

Weiße Handschuhe tragen Karton für Karton in einen Wagon des Shinkansen. Normalerweise ist einer der schnellsten Züge der Welt nur Passagieren vorbehalten. In den Kartons sind jedoch die dringend benötigten nationalen Reisvorräte, die rasch nach Tokyo transportiert wurden. Vier Uniformierte entladen das wertvolle Gut medienwirksam und dann doch nicht zu schnell, das würde die Bilder zerstören. Die Aktion soll nämlich auch zeigen, dass der jetzige Landwirtschaftsminister es ernst meint: Er will den begehrten Alt-alt-alt-Reis schnell – und wenn es sein muss mit dem Shinkansen – zum Verbraucher bringen.

Der Reismangel und die damit verbundenen hohen Kosten belastet die Menschen in Japan schon seit knapp einem Jahr, ihre Wut ließen sie an der sowieso unbeliebten Regierungspartei LDP aus. Diese tue sowieso schon nichts gegen die neuerdings grassierende Inflation – und jetzt ist der Reispreis auch noch gestiegen. Der Preis für das Grundnahrungsmittel ist um das doppelte zum Vorjahr gestiegen, von 2000 Yen auf 5000 Yen (ca. 30 Euro) für 5 Kilo.

Der Hoffnungsträger

Daher soll der Reis so schnell wie möglich zum Verbraucher kommen. Und dafür wurde letzten Monat extra ein junger Landwirtschaftsminister eingesetzt, nachdem der alte wegen einer abfälligen Bemerkung über das Kulturgut Reis gefeuert wurde: Shintaro Koizumi, der schon die Reform in seinem Namen trägt. „Der Junge, der vorwärts geht“ heißt sein Vorname übersetzt. Er ist Sohn eines ehemaligen Premiers, der seiner Zeit sehr beliebt war: Junichiro Koizumi. Alle Hoffnungen ruhen jetzt auf ihm.

21. Mai 2025. An diesem Tag wurde Shintaro Koizumi zum Minister für Landwirtschaft, Försterei und Fischerei durch den Premier Shigeru Ishiba ernannt.

Der 44-jährige Koizumi kann auch schon erste Erfolge verbuchen. Die Reisvorräte aus der nationalen Getreidekammer sind bereits bei den Menschen angekommen. Viele, die sowieso mit den hohen Preisen durch die für japanische Verhältnisse hohe Inflation von 3,6 Prozentpunkten kämpfen, finden das gut. Auch wenn der Reis ein wenig schlechter schmecken wird. Die Reisvorräte sollen vor allem die Lücke bis zur nächsten Reisernte im Herbst 2025 überbrücken. Bis dahin wird Koizumi bei Bedarf die Getreidekammern weiter leeren.

Denn die letzte Fuhre Alt-alt-alt-Reis, also Reis von 2021, war sofort ausverkauft. Jetzt geht Koizumi an den Alt-alt-alt-alt-Reis. Für jedes Jahr bekommt der Reis ein zusätzliches „alt“ zugewiesen. Der Reis von 2020 kommt ebenfalls in die Regale. Gleich nach Bekanntgabe am 12. Juni hätten sich bereits 71 Firmen mit einem Bedarf von 4 Tonnen gemeldet.

Koizumi signalisiert Geschwindigkeit im vergreisten Kabinett Japans

Dabei versucht Koizumi auch auf einem anderen Weg den Reisbedarf zu decken: Importierter Reis aus den USA. Seit etwa einer Woche gibt es den amerikanischen Reis „Calrose“ im Handel, zu 3000 Yen (ca. 18 Euro) für 4 kg. Dass Japan ausländischen Reis ins Land lässt ist ein absolutes Novum, da der japanische Reismarkt bisher strikt vor Importen geschützt wurde.

Koizumis „Politik mit Geschwindigkeit“ trägt jedenfalls Früchte: Die Umfragewerte sind für die regierenden Liberaldemokraten nach oben gegangen. 88 Prozent unterstützen laut einer Umfrage der japanischen Nachrichtenagentur Kyodo das Vorgehen Koizumis. Die Umfragewerte für die von Premier Ishiba geführte LDP haben sich ebenfalls deutlich gebessert.

Das ist wichtig, denn im Sommer steht eine große Wahl vor der Tür: Die Oberhauswahl. Wenn Ishiba und sein Kabinett dort eine Mehrheit erzielen kann, bleibt seine Regierung stabil. Nachdem Ishiba letztes Jahr im Oktober von seiner Partei zum Premier gewählt worden war, hat er in einer vorgezogenen Unterhauswahl herbe Verluste hinnehmen müssen und führt jetzt eine Minderheitenregierung an.

Übrigens, der jetzige Premier konnte sich im Herbst 2024 relativ knapp gegen Koizumi durchsetzen. Ob ihm das beim nächsten Mal gelingt, ist zweifelhaft.

Foto von Łukasz Rawa auf Unsplash


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert